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Genealogie von Tezcoco | Fotograf*in: Claudia Obrocki
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Obgleich mehr als 100 Jahre nach der spanischen Eroberung entstanden, belegt dieses Aquarell sowohl die Kunstfertigkeit als auch die lebendige Erinnerung an die vorspanische Zeit aufseiten der Indianer. Dieses kleine Meisterwerk ist weit mehr als ein indianischer Stammbaum mit Anmutung an die europäische Genremalerei. Aufgrund gewisser vorspanischer Details ist anzunehmen, dass es sich um einen Künstler indianischer und nicht spanischer Abstammung handelt. Eine Schlüsselszene ist die geöffnete Baumwurzel, in der sich ein Felsmassiv befindet, auf dessen Gipfel ein Tonkrug abgebildet ist. Darunter ist ein muskulöser menschlicher Arm mit Pfeil und Bogen zu sehen. Diese Darstellung ist eine Umsetzung der vorspanischen Glyphen für den aztekischen Ortsnamen Tetzcoco (tetl für "Stein“, comitl für "Krug“) und den Stammesnamen Acolhua (acolli für "Oberarm"). Pfeil und Bogen erinnern an die Abstammung der Acolhua von "barbarischen" Chichimeken (Kutscher 1961: 219). Die Dynastie der in der Hauptstadt Tetzcoco am gleichnamigen See residierenden Fürsten der Acolhua galt als die älteste und kultivierteste in Zentralmexiko - trotz der Abstammung von den Chichimeken, auf die man stolz war. Zudem ist eine nachhaltige Beeinflussung der Mixteca-Puebla-Kultur in Tetzcoco nachweisbar. Die Genealogie des Stammbaumes beginnt erst mit dem 7. Herrscher von Tetzcoco, dem berühmten Philosophen, Richter, Politiker und Bauherrn Nezahualcocyotl (1418-1472). Er selbst, sein Nachfolger Nezahualpilli (1472-1516) sowie ihre Frauen tragen zwar noch die vorspanische Federtracht, doch die Häupter der männlichen Herrscher sind mit europäischen Kronen versehen. Neben Nezahualpillis Frau befindet sich ebenfalls eine europäische Krone, Nachweis ihrer Abstammung vom aztekischen Herrscher. Der insgesamt 20 Paare umfassende Stammbaum bildet Brüche in der Genealogie wie Kinderlosigkeit, weibliche Erbfolge oder Junggesellen ab. Er endet mit zwei jungen, noch unverheirateten Geschwistern, Don Joseph Rapael de Uribe und Doña Rosa de Bitervo Uribe. Die Anzahl der abgebildeten Genealogien, der Stil der Trachten sowie der Stil des Gesamtwerks erlauben eine Datierung um ca. 1710 bis 1720. (V. König 2003)
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