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Auf den Karolinen waren Schmuckstücke aus geschnittenen und polierten Kegelschneckenhäusern weit verbreitet. Bei diesem Ring handelt es sich nach Angaben der Sammlerin um ein Fundstück aus einer Ausgrabung bei einer "Opferstelle". Dies könnte sich auf die historische Stätte Nan Madol in Pohnpei beziehen, die für die große Zahl an ausgegrabenen Schmuckstücken aus Muschel und Conus bekannt ist.
Schenkung von Eugen Brandeis (Kaiserlicher Landeshauptmann der Marshallinseln) November 1901, gesammelt von Antonie Brandeis (Jaluit) /Donated by Eugen Brandeis (Imperial Gouvernor of the Marshall Islands) November 1901, collected by Antonie Brandeis (Jaluit)
Objekt Nr. 79 (Objektliste Antonie Brandeis, 2. Sendung Nov 1901, SAF C3/241/2): "Muschelringe. Muschel. Diese Ringe wurden bei einer Opferstelle ausgegraben. Dienten als Opfer für den Gott Olafat".
Diese Formulierung wirft einige Fragen auf, vor allem ob es sich um ein Objekt aus einer Raubgrabung in einem Heiligtum handelt. Da die Sammlerin im Plural spricht, erscheint es plausibel, dass der sehr ähnliche Armreif II/0817 hierbei mitgemeint ist.
Was genau mit „Opferstelle“ gemeint ist, bleibt seitens der Sammlerin unklar. Eine bekannte Fundstelle von Schmuck-Artefakten aus Muscheln und Kegelschnecken (Conidae) auf den Karolinen sind die Ruinen von Nan Madol auf Pohnpei, einem Herrschaftssitz und Kultzentrum, das zwischen 1180‒1200 errichtet und bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts genutzt wurde. Bekannte Südsee-Forscher wie Johann Stanislaus Kubary und Otto Finsch haben dort zahlreiche Muschelringe ausgegraben und in ihren Publikationen beschrieben. Finsch erwähnt in seinem Werk „Südseearbeiten“ (Hamburg 1914), dass Kubary einen Teil der historischen Stätte (Nandauwas), in dem besonders viele Artefakte gefunden wurden, als „Königsgrab“ bezeichnet habe. Dies sei Finsch zufolge jedoch unzutreffend. Vielmehr handle sich um die Überbleibsel von „Schatzkammern oder Werkstätten“ (Finsch 1914:62). Es besteht also die Möglichkeit, dass die Conus-Ringe der Brandeis-Sammlung aus dieser Fundstätte stammen, die zum Zeitpunkt ihrer „Entdeckung“ durch Europäer von den Bewohner_innen bereits größtenteils aufgegeben war.
Für diese Theorie spricht auch die Erwähnung von „Olafat“, was mit dem Schreibfehler "Olayat" in das Alte Inventarbuch übernommen wurde und sich wohl auf die mythologische Figur „Olafat“ (auch Olifat, Yelafath) bezieht. Der Ursprungsmythos von Nan Madol kennt zwei mythische Zauberer namens Olisihpa und Olosohpa, die als Begründer der Saudeleur Dynastie (Mwehin Sau Deleur) gelten, die Nan Madol errichtet hat. Dem Mythos zufolge errichteten Olisihpa und Olosohpa zur Verehrung des Donnergotts Nahn Sapwe einen Altar in Nan Madol. Womöglich hat die Sammlerin sich auf diesen Mythos bezogen.
Ein vergleichbarer Armreif von den Karolinen findet sich auch in der Sammlung von Antonie Brandeis im Ethnologischen Museum Berlin aus einer Schenkung von 1906. Die zugehörige Karteikarte (VI. 25245) trägt den Hinweis „Ring aus einem Grabe“, was die obige Theorie stützt. Zusätzlich sind als Herkunftsort jedoch die Mortlock-Inseln angegeben, die vom benachbarten Pohnpei etwa 500 Kilometer entfernt sind. Wie die Armreife von den Karolinen in die Brandeis’sche Sammlung kamen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider weiterhin unklar. Aufgrund der Hinweise auf mögliche Raubgrabungen in einer Kultstätte ist dieses Objekt als sensibel einzustufen. [GK]
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