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Geschosse

Im Hauptkatalog des Museums wurde bei Eingang dieses Objekts folgendes vermerkt: "8 [nachtrgl. vermerkt] Geschosse aus Eisen. Mavudji. (Hassan bin Omari)". Vorbesitzer Hassan bin Omari (Makunganya) (bis 1895) Biografische Fragmente zu Hassan bin Omari (Makunganya) Hassan bin Omari, auch Makunganya genannt, war einer der einflussreichsten Händler im Südosten des heutigen Tansania. Seine Herkunft lässt sich angeblich auf die Makanjila-Yao in der Nähe des Nyassa-Sees zurückführen, er lebte aber seit seiner frühesten Kindheit in Kilwa Kisiwani, war sehr gut in die muslimische Küstengesellschaft der Swahili integriert und kontrollierte den Sklavenhandel und die Karawanenrouten von Makanjila bis an die Küste. Bereits im Jahr 1888 soll er am Widerstand gegen Vertreter der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft beteiligt gewesen sein. Hassan bin Omari wehrte sich so erfolgreich gegen den Herrschaftsanspruch der deutschen Kolonisierenden in Teilen der südlichen Küstenregion, dass die Letzteren keine Kontrolle über das Territorium und die Bevölkerung außerhalb des stark befestigten Bezirksamts Kilwa hatten. Dessen Fort soll Makunganya 1894 mit mehreren tausend Soldaten angegriffen haben. Im Jahr 1895 rückten ca. 500 Soldaten der sogenannten Kaiserlichen Schutztruppe unter dem Kommando von Oberstleutnant Lothar von Trotha gegen Makunganya sowie seine Anhänger mit dem erklärten Ziel vor, ihn zu "vernichten". Seine Residenz wurde zerstört, und seine Besitztümer, darunter auch Korrespondenzen, erbeutet und Makunganya schließlich gefangen genommen. Deutsche Truppen (darunter der koloniale Militär Hans Glauning) brachten ihn im November 1895 nach Kilwa, wo er zusammen mit einer Gruppe von Anhängern und Amtsträgern vor ein sogenanntes Militärgericht gestellt, verurteilt und gehängt wurde. Unter dem Kommando der deutschen Militärs stehende Soldaten griffen nicht nur sein unmittelbares Umfeld, sondern auch die in seinem Einflussbereich lebende Bevölkerung an und brannten ganze Dörfer nieder. Heute erinnert noch ein Gedenkstein in Kilwa an Makunganya, der am Ort seiner Hinrichtung in der nachkolonialen Ära aufgestellt wurde. Aneignungskontext Hans Glauning, der zum Zeitpunkt des Kriegszuges gegen Hassan bin Omari Leutnant in der sogenannten Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika war und auch in den Folgejahren für das Museum für Völkerkunde in Berlin viele Objekte erwarb bzw. aneignete, stand Makunganya als Feind gegenüber. Er schenkte die Gewehrkugeln im Jahre 1896 dem Königlichen Museum für Völkerkunde. Die genaueren Umstände der Aneignung und der Begegnung Glaunings und Makunganyas sind nicht bekannt. Die Geschosse könnten unter den in seiner Residenz und Lagerstätten konfiszierten Objekten gewesen, Makungaya während seiner Verhaftung abgenommen worden oder im Verlauf seiner Überführung nach Kilwa in die Hände von Glauning geraten sein. Dass Glauning die Geschosse explizit Makunganya zuschrieb, könnte auch dazu gedient haben, den Trophäencharakter dieser Stücke und damit ihren Wert zu unterstreichen. Gewiss ist aber, dass die Geschosse während des Krieges gegen Hassan bin Omari, seine Amtsträger und Unterstützer sowie die Bevölkerung erbeutet wurden. Quellen (Auswahl) Baumann, Oskar (1895): „An den Vorstand des Vereins für Erdkunde in Leipzig“, 17.12.1895, in: Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Leipzig 1895, S. 12–13.José A. S. Castcro (2007): Utenzi, War Poems, and the German conquest of East Africa. Trenton, New Jersey: African World Press. Gwassa, Gilbert C.K. (2005): The Outbreak and Development of the Majji-Maji-War 1905–1907. Köln: Rüdiger Köppe Verlag. Iliffe, John (1979): A Modern History of Tanganyika. Cambridge: Cambridge University Press. Ivanov, Paola und Kristin Weber-Sinn (2018): Sammelwut und Gewalt: Objekte aus kolonialen Kriegen im Depot des Ethnologischen Museums, Berlin. In: Lili Reyels, Ivanov, Weber-Sinn (Hg.): Objekte aus den Kolonialkriegen im Ethnologischen Museum, Berlin. Ein tansanisch-deutscher Dialog. Berlin, Reimer, S. 66-149. Masebo, Oswald (2018): Objects of Resistance against German Colonialism in Southeast Tanzania. In: Lili Reyels, Ivanov, Weber-Sinn (Hg.): Objekte aus den Kolonialkriegen im Ethnologischen Museum, Berlin. Ein tansanisch-deutscher Dialog. Berlin, Reimer, S. 222-265. Deutsches Kolonialblatt 1894: Kämpfe bei Kilwa, S. 572–574. Deutsches Kolonialblatt 1895: Über die Raubzüge des Häuptlings Machemba. Deutsches Kolonialblatt 1896: Über seine glücklich beendete Expedition gegen Hassan bin Omari und Matschemba, S. 99–101. Deutsches Kolonialblatt 1896: Über den Verlauf der Expedition gegen Hassan bin Omari. Deutsches Kolonialblatt 1896: Über die Lage im Süden des Schutzgebietes. Vita na Hassan bin Omari („Der Kampf mit Hassan bin Omar“) von Mwalimu Mbaraka bin Shomari (Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen [MSOS]. Afrikanische Studien 1916, S. 135–148) und Shairi la Makunganya („Das Makunganya-Lied“) von Mwalimu Mzee bin Ali bin Kidogo bin Il-Qadiri, verfasst nach dem Sieg über Hassan bin Omari (MSOS. Afrikanische Studien 1898, S. 86–114)

Datenpartner
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Erschließungsdaten

Objekttyp
Geschosse
Maße
Gewicht: 0,06 kg (alle 8 Geschosse zusammen)
Höhe x Breite x Tiefe: je max. 1,5 x 1,5 x 1,5 cm
Material/Technik
Eisen
Aktueller Standort
Ethnologisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
III E 4661

Provenienz und Quellen

wo
Tansania [Land]

wer
Glauning, Hans - Sammler*in

Beschreibung
Schenkung 1896

Informationen zum Datensatz

Rechtsstatus Metadaten
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